Private Veräußerungsgeschäfte
Nießbrauchrechte zählen grundsätzlich zu den sogenannten „anderen Wirtschaftsgütern“, die selbstständig veräußerbar, einlage- und entnahmefähig sind. Ein einkommensteuerliches privates Veräußerungsgeschäft liegt bei solchen anderen Wirtschaftsgütern dann vor, wenn zwischen Bestellung (Anschaffung) und Veräußerung oder Verzicht bzw. Ablösung nicht mehr als ein Jahr liegt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz/EStG). Wird das Nießbrauchrecht zu Einnahmezwecken genutzt, kann sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre verlängern (§ 23 Abs 1 Nr. 2 Satz 4 EStG).
Der Fall
Das Finanzgericht/FG Münster musste über einen Fall entscheiden, in dem eine Berechtigte gegen Entgelt auf ihr Nießbrauchrecht verzichtete. Das Finanzamt wertete die Entnahme des Nießbrauchrechts aus dem Sonderbetriebsvermögen als Anschaffung (Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG) und den Verzicht als Veräußerung. Das FG erkannte in dem Entscheidungsfall kein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft und gab der Klage statt (Urteil vom. 12.12.2023, 6 K 2489/22 E). Der entgeltliche Verzicht auf ein Nießbrauchrecht stellt keine Veräußerung, sondern einen veräußerungsähnlichen Vorgang dar. Veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich liegen vor bei entgeltlichen Geschäften, die auf die Aufgabe eines Vermögenswerts in seiner Substanz gerichtet sind. Bei der Aufgabe eines Nießbrauchrechts fehlt es am erforderlichen Rechtsträgerwechsel.
Anhängiges BFH-Verfahren
Das FG hat die Revision zugelassen. Das Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof (BFH) lautet IX R 4/24.
Fazit
Vor der zu erwartenden BFH-Entscheidung sollten entgeltliche Nießbrauchverzichte bzw. ähnliche Gestaltungen wie im Urteilsfall hinausgeschoben werden. Sofern ein Nießbrauchrecht bereits entgeltlich abgelöst wurde, sollte gegen einen Steuerbescheid Einspruch und Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BFH beantragt werden. Dies am besten in Verbindung mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Stand: 28. Juli 2024
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